Autismus-Zentrum Hannover
Das Autismus-Zentrum Hannover (AZH) bietet seit mehr als 50 Jahren unterschiedliche Lern-, Förder- und Wohnmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Autismus an. Das AZH ist Teil der Gemeinnützigen Gesellschaft für integrative Behindertenarbeit (GiB).
Welche Angebote gehören zum Autismus-Zentrum Hannover?
Zum AZH gehören folgende Angebote:
- Autismus-Ambulanz
- Autismus Beratungsstelle
- Autismusspezifische Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)
- Sozialkompetenzgruppen für Erwachsene mit Autismus
- Wohngruppen für Kinder und Jugendliche mit Autismus in Giesen
- Tagesbildungsstätte im Bonhoeffer-Haus
- Heilpädagogischer Kindergarten AZH
- InBildung- Unterstützung für Schule
- Elterncafé Curcuma
Was ist Autismus und welche Symptome können auftreten?
Autismus wird meist als komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung beschrieben. Häufig bezeichnet man Autismus auch als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsaufnahme und -verarbeitung, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirken kann.
Die Bandbreite der Einschränkungen und dadurch entstehenden Verhaltensauffälligkeiten ist dabei außerordentlich groß. Es bestehen aber keine autismusspezifischen Symptome, alle Symptome können auch bei anderen psychiatrischen Störungsbildern auftreten. Die Diagnose besteht nicht auf technischen Untersuchungen wie Blutanalysen, Röntgenbildern usw., sondern auf einer genauen Erhebung der Entwicklungsgeschichte des Kindes oder des Jugendlichen und auf einer sorgfältigen, standardisierten Beobachtung des aktuellen Verhaltens.
Die Kernsymptome sind:
- Störungen in der sozialen Interaktion
- gestörte Kommunikationsfähigkeit
- eingeschränktes, repetitives Verhalten
Die Kinder und Jugendlichen im Autismus-Spektrum reagieren oft nicht oder unangemessen auf soziale und emotionale Signale anderer Menschen. Sich auf Ansprache zuzuwenden, Blickkontakt aufzubauen und zu halten, fällt ihnen meist schwer. Mitunter wirken die Kinder wie taub und in ihre Welt versunken, können sich aber zu anderen Zeiten auch hyperaktiv verhalten.
Die Störungen in den sprachlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten behindern die soziale Kommunikation und Interaktion erheblich. Aktive Sprache wird nicht erlernt oder nicht angemessen eingesetzt. Das nicht Verstehen und nicht aktiv Einsetzen von Körpersprache und Sprachmelodie erschweren die kommunikative und emotionale Interaktion zusätzlich.
Hinzu kommt eine mangelnde Fähigkeit zum sozial imitierenden Spiel (Rollenspiel, „so tun als ob…“). Auch das Lernen durch Nachahmen und imitieren kann sehr beeinträchtigt sein, da die dafür notwendige Funktion der Spiegelneurone oft eingeschränkt ist.
Die Autismus-Spektrum Störung ist außerdem charakterisiert durch eingeschränkte, sich wiederholende und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten. Dieses zeigt sich sowohl in unüblichen Spielmustern und in der starren, routinierten Ausführung von alltäglichen Aufgaben. Veränderungen von Handlungsroutinen oder Details in der persönlichen Umgebung (z.B. Umstellen von Dekoration oder Möbeln) können ausgeprägte Widerstände auslösen. Häufig bestehen zudem motorische Stereotypien und/oder immer wiederkehrende, nicht sachgerechte Beschäftigungen mit verschiedenen Materialien, wie z.B. Riechen und Lecken an Objekten und/oder übermäßige Bindung an Gegenstände. Menschen im Autismus-Spektrum haben sehr häufig Schwierigkeiten sich selbst wahrzunehmen und sich in der Welt zurecht zu finden. Um dem entgegen zu wirken, sich wahrnehmen und spüren zu können, zeigen sie häufig reizsuchendes, repetitives Verhalten (Stimming).
Die emotionale Entwicklung ist bei fast allen Menschen im Autismus-Spektrum deutlich beeinträchtigt. Die eigenen Emotionen sind meist sehr intensiv und wirken sich auf die gesamte Denkstruktur aus. Oft können die Emotionen aber nicht mit „normalen“ Worten, wie traurig, wütend o.ä. ausgedrückt werden. Es besteht sozusagen ein Übersetzungsproblem, also die Unfähigkeit das innere Erleben mit der äußeren Welt oder anderen Menschen in Verbindung zu bringen. Das bedeutet, dass viele Menschen im Autismus-Spektrum keine oder nur rudimentär eigenen Emotionen erkennen oder benennen können, obgleich diese vorhanden sind. Des Weiteren zeigen sich deutliche Schwierigkeiten in der emotionalen Bewältigung, der damit verbundenen Handlungssteuerung und Lösungsorientierung.
Neben diesen spezifischen, diagnostischen Merkmalen zeigen Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum Störung oft auch eine Reihe anderer, unspezifischer Probleme, Befürchtungen, Phobien, Zwänge und zwanghaftes Verhalten, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche und Aggressionen. Oft ist ihre Stimmung sehr labil, ohne dass Gründe hierfür für Außenstehende sichtbar wären. Die Autismus-Spektrum Störung ist hier meist nicht Ursache, sondern muss als Risikofaktor für das Auftreten weiterer komorbider Erkrankungen gewertet werden.
Die Autismus ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht heilbar.
Was ist das Autismus-Spektrum?
Es gibt verschiedene Erscheinungsformen von Autismus. Beispielsweise hat man bisher den frühkindlichen Autismus, das Asperger-Syndrom/hochfunktionalen Autismus oder den atypischen Autismus voneinander unterschieden. Diese Betrachtungsweise hat sich im Laufe der letzten Jahre verändert.
Heute trennt man die Erscheinungsformen von Autismus nicht mehr. Das liegt vor allem daran, dass autistische Menschen (wie alle anderen Menschen auch!) äußerst vielfältig und individuell sind und sich nicht einfach in bestimmte Kategorien (z.B. Asperger) einordnen lassen.
Vielmehr werden die Übergänge zwischen den verschiedenen Erscheinungsformen heute als fließend betrachtet. Das Autismus-Spektrum kann man sich dabei ähnlich wie ein Farbspektrum vorstellen, bei dem die unterschiedlichen Farben langsam in einander übergehen. Dabei gleicht keine Farbe der anderen, auch wenn sie sich auf den ersten Blick vielleicht ähnlich sehen können.
Heute sprechen wir also nicht mehr von frühkindlichen oder Asperger-Autisten. Vielmehr sprechen wir allgemein von Menschen mit Autismus, autistischen Menschen oder Menschen im Autismus-Spektrum. Dabei gibt es Menschen bei denen die autistische Symptomatik stärker und Menschen bei denen die Symptomatik vergleichsweise leicht ausgeprägt ist.
Wichtiges zur Autismus Diagnostik
Kinder und Jugendliche
Besteht der Verdacht auf Autismus, ist es wichtig bei einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Praxis, einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) oder einer entsprechenden Abteilung einer Klinik diesen Verdacht überprüfen zu lassen. Störungen der Kommunikation und sozialen Interaktion bei Kindern und Jugendlichen können sehr unterschiedliche Ursachen haben. In speziellen Diagnostikverfahren wird geprüft, ob es sich um eine Autismus-Spektrum-Störung oder eine andere Beeinträchtigung handelt. Das Diagnoseverfahren erstreckt sich üblicherweise über einige Termine und es kommen standardisierte Fragebögen und Beobachtungsskalen zum Einsatz.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit im AZH liegt auf der autismusspezifischen Förderung, der Beratung und der Unterstützung von betroffenen Familien. Diagnosestellungen sind nicht möglich.
Erwachsene
Die Diagnose frühkindlicher Autismus ist in Fachkreisen bereits seit vielen Jahrzehnten bekannt. Dadurch haben die heute Erwachsenen diese Diagnose meist schon im Kindes- und Jugendalter erhalten. Anders sieht es für Erwachsene mit Asperger-Syndrom aus. Da diese Bezeichnung sehr viel „jünger“ ist, blieben viele Betroffene „unentdeckt“ und mussten ihre Kindheit und Jugend ohne gezielte therapeutische Hilfen meistern. Viele Betroffene stehen auch im Erwachsenenalter vor großen Herausforderungen. Dazu zählen insbesondere die soziale Kommunikation, das eigene Gefühlserleben, der Umgang mit Stress und das Managen des eigenen Energiehaushaltes.
Eine Autismus-Diagnose im Erwachsenenalter kann in der Regel nur von einem Psychiater/ einer Psychiaterin gestellt werden. Gerne können Sie sich an unsere Autismus Beratungsstelle wenden, um entsprechende Stellen zu erfragen. Eine Diagnostik im AZH ist nicht möglich.
Geschichte des Autismus-Zentrum Hannover
1973 wird der Verein zur Förderung autistischer Kinder e.V. gegründet. Die Eltern stellen sich von Anfang an die Aufgabe, eine bessere Förderung und Therapie ihrer Kinder zu organisieren. Erste Vorsitzende ist Frau Birschel.
1977 findet der Verein ein großes, schönes Domizil, das „Dietrich-Bonhoeffer-Haus“ in der Bemeroder Straße 8. Eigentümerin war die Landeskirche. Hier befinden sich noch heute große Teile der Einrichtung. Es ist auch Sitz des Vereins. Nun konnten 28 Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend speziell gefördert werden.
Sehr bald zeichnet sich ab, dass für einzelne Kinder eine Internatsbetreuung als Krisenintervention notwendig wird. Deshalb wird ein Fünf-Tage-Internat eingerichtet.
1985 erhält das Therapiezentrum die Anerkennung als Tagesbildungsstätte, in der die Kinder ihrer Schulpflicht nachkommen können.
1994 ist ein schwieriges Jahr für die Einrichtung: Das Dietrich-Bonhoeffer-Haus wird grundlegend saniert. Kindergarten und Tagesbildungsstätte müssen in eine provisorische Unterkunft ziehen, das Internatsangebot kann nicht aufrechterhalten werden. Die Belegungszahlen sinken rapide, die Einrichtung ist wirtschaftlich existentiell bedroht.
In diesem Jahr ist auch der Konkurs der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung Körperbehinderter mbH zu beklagen. Um die Einrichtungen zu erhalten, gründet der Verein mit drei weiteren Gesellschaftern die gemeinnützige Gesellschaft für integrative Behindertenarbeit mbH(GiB).
Die GiB führt die nach dem Bundessozialhilfegesetz finanzierten Einrichtungen der erloschenen Gesellschaft fort, in der der Verein seit 1987 Minderheitengesellschafter war.
1995 erfolgt der Wiedereinzug in das Dietrich-Bonhoeffer-Haus. Unter dem neuen Betriebsführer des Therapiezentrums, Dipl. Kaufmann Markus Kriegel, erholt sich die Einrichtung zügig. Er ist seitdem auch Geschäftsführer der GiB.
2000 eröffnen wir unweit von Hannover, vor den Toren Hildesheims, in der Ortschaft Giesen zwei Wohngruppen für jeweils sechs autistische Kinder. Auch das Internat zieht in dieses Haus um, sodass die Tagesbildungsstätte durch die frei gewordenen Räumlichkeiten um eine weitere Gruppe vergrößert werden kann.
2002 geht die Trägerschaft der angewachsenen Einrichtungen vom Verein auf die neu gegründete Therapiezentrum gemeinnützige GmbH über. Geschäftsführer ist seit Beginn Herr Markus Kriegel.
2006 erwirbt die Therapiezentrum gGmbH das Anwesen Bemeroder Straße 8 von der Landeskirche. Inzwischen werden in Tagesbildungsstätte und Heilpädagogischer Kindergarten 35 Kinder gefördert, durch die Ambulanz etwa 50, in den Kinderwohngruppen zwölf.
2007 Der Verein heißt „Autismus Hannover e.V. – Regionalverband zur Förderung von Menschen mit Autismus“. Die Kinder von damals sind längst erwachsen. Die Namensänderung erfolgt in Anlehnung an den neuen Namen des Bundesverbandes, dessen Mitglied der Verein seit Beginn ist und der sich als Interessenvertretung aller Menschen mit Autismus in Deutschland versteht.
2012 Der Neubau für den Heilpädagogischen Kindergarten wird für zwei Gruppen mit je sechs Plätzen eröffnet. Die Maßnahme der „Frühen Förderung nach AVT“ (Autismusspezifische Verhaltenstherapie) etabliert sich mit einer eigenen Leistungsvereinbarung.
2014 Das Therapiezentrum heißt jetzt Autismus Zentrum Hannover (AZH). Der seinerzeit gewählte Begriff „Therapie“ wird heute als zu eng für die breit gefächerte Förderung unter Zuhilfenahme verschiedener Methoden empfunden. Autismus wird nicht als Behinderung verstanden, die mit Therapie verschwinden würde, sondern als dauerhaftes Persönlichkeitsmerkmal, deren Träger mal mehr, mal weniger umfassende Förderangebote benötigen, um in den verschiedenen Lebensbereichen langfristig zu bestehen. Gleichwohl wird der Name der Trägergesellschaft „Therapiezentrum gemeinnützige GmbH“ jetzt noch nicht angepasst.
2016 Die Gesellschaft ist mit ihren Angeboten weit über die Grenzen Hannovers bekannt, entsprechende Anfragen belegen das seit Jahren. Die Gesellschaft ist zu dem Zentrum für Autismus gewachsen und erster Ansprechpartner in der Region. Aktuell besuchen 31 Kinder und Jugendliche mit Autismus die Schule im Bonhoeffer-Haus, der Heilpädagogische Kindergarten zählt zwölf Kinder, in den Wohngruppen für Kinder und Jugendliche leben 13 Kinder und Jugendliche und in der Ambulanz und Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche mit Autismus werden rund 130 Kinder gefördert.
2017 Gemeinsam mit dem Verein Autismus Hannover e.V. wird die Beratungsstelle Autismus ins Leben gerufen. Die Beratungsstelle bietet Eltern, Angehörigen, Fachkräften und Betroffenen niedrigschwellige und kostenfreie Beratung rund um das Thema Autismus.
2020 Mit dem Elterncafé Curcuma entsteht ein weiteres Angebot im AZH. Im Elterncafé treffen sich regelmäßig Eltern und Angehörige autistischer Kinder, um sich über Erfahrungen, Herausforderungen usw. auszutauschen.
2023 Nach langer und enger Verbindung, wird das Autismus-Zentrum offiziell ein Teil der GiB mbh. Die Marke „Autismus-Zentrum Hannover“ bleibt allerdings auch weiterhin erhalten.
Das AZH
Das Autismus-Zentrum Hannover ist eine Einrichtung.
Man sagt kurz: AZH.
Das AZH gibt es schon fast 50 Jahre.
Das AZH ist für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Autismus.
Das AZH macht:
- Lernmöglichkeiten,
- Fördermöglichkeiten
- und Wohnmöglichkeiten.
Einrichtungen vom AZH sind:
- in Hannover,
- in der Region von Hannover
- und in Hildesheim.